Auch wenn ich mich nicht davon frei machen kann, die in der Filterblase "Marketingagentur" üblichen Begrifflichkeiten längst in den aktiven Wortschatz übernommen zu haben, so lausche ich dem branchenüblichen Buzzword-Bingo doch meist mit einer Mischung aus Erheiterung und Verägerung. "Ok Leute, so geht das nicht. Das skaliert nicht." oder auch "Lasst mal kurz brainstormen, wie wir da quick wins rausziehen können. ASAP!" Kann man das nicht mit leichter verständlichen, deutschen Worten ausdrücken? Von Zeit zu Zeit aber tauchen dann eben doch Neologismen oder englische Lehnwörter auf, die einfach so prägnant und passend sind, dass sie sich quasi ihre eigene Relevanz schaffen. Smarketing ist ein solcher Ausdruck. Worum es dabei geht? Um eine enge Verzahnung von Marketing und Vertrieb, ein Miteinander statt gegeneinander.
Wenn Hund und Katze Partner werden
Klassicherweise sind Unternehmen funktional nach Prozessen ausgerichtet. Eine solche vertikale Organisation sorgt dafür, dass die verschiedenen Abteilungen wenig bis gar nicht zusammenarbeiten. "Wir"? Das bezieht sich üblicherweise auf die Abteilung, nicht aber auf das große Ganze.
Im Falle von Vertrieb und Marketing ist es nun meistens sogar so, dass man nicht nebeneinander her arbeitet, sondern allzu oft auch gegeneinander:
"Die vom Marketing, das sind echte Cash-Burner. Wir erarbeiten hier den Umsatz und die stecken das ganze Geld in ein paar bunte Bildchen und pseudo-lustige Sprüche!", heißt es da von Seiten des Vertriebs.
"Ohne unsere durchdachten Kampagnen hätten die vom Vertrieb doch niemanden, an den sie verkaufen könnten. Aber das verstehen die ja nicht, die sehen bloß immer die nackten Zahlen!", beschwert sich das Marketing.
Wer da Recht hat, sei einmal dahin gestellt. Zunächst gilt es zu konstatieren: In den meisten Betrieben sind Marketing und Vertrieb gerade beim Thema Leadgenerierung noch immer wie Hund und Katze.
Das war, aus der gesamtbetrieblichen Meta-Ebene betrachtet, schon immer hinderlich für das Wohl eines Unternehmens, wurde aber meist einfach als Tatsache hingenommen.
Das durch die Digitalisierung radikal veränderte Käuferverhalten erfordert nun aber von allen ein grundlegendes Umdenken. Wir werden nicht müde, es zu erwähnen: Kaufentscheidungen werden heute zu einem großen Teil online getroffen, lange bevor der erste Kontakt mit einem Verkäufer stattfindet. Das wiederum bedeutet: Die klassische Rollenaufteilung von Marketing und Vertrieb ist endgültig überholt. Die Verkäufer besitzen nicht mehr die Informationshoheit über die von Ihnen verkauften Produkte und Dienstleistungen. Und das Marketing kann sich nicht länger aus der Verantwortung ziehen, wenn es um konkrete Ziele bezüglich Leads und Kontakte geht.
Die Lösung: Marketing und Vertrieb müssen eng zusammenarbeiten und ihre Aktivitäten aufeinander abstimmen. Aus Hund und Katze müssen Partner werden.
Vertrieb + Marketing = Smarketing
Idealerweise verschwinden die Grenzen zwischen den beiden Abteilungen völlig und es gibt nur noch eines: Smarketing.
Da ist es also nun, unser Buzzword. Laut Definition handelt es sich beim Smarketing um den Prozess der Integration der Vertriebs- und Marketingaktivitäten mit der Intention, messbare Ziele zu haben und gegenseitige Verantwortlichkeit zu vereinbaren.
Einfach ausgedrückt: Es geht darum, dass Vertrieb und Marketing miteinander statt gegeneinander arbeiten. Aber wie gelingt das? Wie kann man die traditionellen Grabenkämpfe überwinden und für ein Alignment (noch so ein Buzzwort!) der beiden Abteilungen sorgen?
In 5 Schritten zum Smarketing
Schritt 1: Bewusstsein schaffen
Die Tatsache, dass Sie diesen Blogpost lesen, zeigt: Ihnen ist es schon bewusst, dass es in Ihrem Unternahmen Handlungsbedarf bei der Zusammenarbeit von Marketing und Sales gibt. Aber wie sieht es bei den Kollegen aus?
Hier gilt es, Vorurteile abzubauen und die Vorteile einer engen Zusammenarbeit aufzuzeigen: Die (Neu-) Verteilung von Verantwortlichkeiten und der Nutzen von Synergieeffekten machen allen Beteiligten das Arbeitsleben leichter und bringen das Unternehmen enorm voran!
Schritt 2: Closed-loop Reportings aufsetzen
Setzen Sie einen Workflow für gegenseitiges Reporting auf: Ein geschlossener, sich regelmäßig wiederholender Reporting-Kreislauf ermöglicht es, bei erfolgreichen Abschlüssen nachzuvollziehen, welche Abläufe wie geplant funktioniert haben und an welcher Stelle es noch nachzubessern gilt.
So lässt sich beispielsweise bei einem festgefahrenen Lead zuordnen, an welcher Stelle des Lead Nurturing-Prozesses das Problem liegt und wer für die weitere Bearbeitung des Leads zuständig ist.
Schritt 3: Eine gemeinsame Sprache entwickeln
Es ist einer der klassischen Streitpunkte zwischen Vertrieb und Marketing: Das Marketing beschwert sich, dass die mühsam generierten und qualifizierten Leads vom Vertrieb nicht ordentlich verwertet werden. Und der Vertrieb kontert, dass die Leads einfach nicht die notwendige Qualität haben, und deswegen gar nicht zum Abschluss gebacht werden können.
Dieses Dilemma lässt sich relativ einfach lösen, wenn beide Abteilungen gemeinsam definieren, was ein Marketing Qualified Lead MQL bzw. ein Sales Qualified Lead SQL ist und welche Kriterien beide erfüllen müssen.
Schritt 4: Service Level Agreement
Damit die enge Zusammenarbeit nicht ein bloßes Lippenbekenntnis bleibt, sondern eine gewisse Verbindlichkeit erhält, empfiehlt es sich, die getroffenen Vereinbarungen schriftlich in einem Service Level Agreement (SLA) festzuhalten.
Mögliche Bestandteile einer solchen Vereinbarung können beispielsweise sein:
- die oben beschriebenen Definitionen von MQLs und SQLs
- Wie sehen die Zeitabläufe aus, wann finden Feedback- und Reportingrunden statt?
- gemeinsame Ziele (Wie viele Leads übergibt das Marketing an den Vertrieb? Wie viele Leads werden von den einzelnen Sales Reps weiterbearbeitet? Wie viele Kunden bzw. wie viel Umsatz soll letztlich gemeinsam erwirtschaftet werden?)
- Wer ist für welche Elemente der Zusammenarbeit verantwortlich?
5. Dranbleiben
Das übliche Gegen- statt Miteinander hat sich tief in die Köpfe aller Beteiligten eingebrannt. Das gegenseitige Misstrauen hat sich über Generationen von Marketern und Verkäufern immer stärker zementiert und dürfte in etlichen Firmen quasi in der Unternehmens-DNA verankert sein – das lässt sich nicht von heute auf morgen mit ein paar guten Worten in Wohlgefallen auflösen!
Vielmehr handelt es sich um einen Veränderungsprozess, der eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt – und je mehr Personen beteiligt sind, umso länger dürfte es dauern.
Wenn Sie also federführend am Projekt Smarketing beteiligt sind, dann brauchen Sie vor allem eines: Ein Händchen für die richtige Mischung aus Geduld und sanftem Druck! Stellen Sie immer wieder die Vorteile der engen Abstimmung der Abteilungen für jeden einzelnen heraus und nehmen Sie sich Zeit, Vorbehalte und Ängste zu zerstreuen. Aber lassen Sie sich nicht beirren. Letztlich gilt es, konsequent am Ball zu bleiben und die alten Strukturen aufzubrechen!