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Inbound Marketing

Inbound-Marketing – eine ausführliche Definition

Es ist nicht ganz einfach, den Begriff Inbound Marketing vollständig zu erklären. Ein Versuch der Annäherung aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Julia Herold
Julia Herold

Apr 07, 2016

Inbound-Marketing – eine ausführliche Definition

In letzter Zeit häufen sich die Situationen, in denen ich jemandem erklären muss, was ich beruflich bzw. wir als Agentur für Inbound-Marketing eigentlich genau mache(n).

Da das jeweilige Gegenüber mit der Antwort "Ich arbeite in einer Inbound-Marketing-Agentur" meist nichts anfangen kann, versuche ich diesen Begriff, zumindest bei weniger online affinen Gesprächspartnern, mittlerweile komplett zu vermeiden beziehungsweise schiebe noch schnell den Zusatz "... das ist im Prinzip so eine spezielle Spielart des Online-Marketings" hinterher.

Aus meiner Sicht ist diese knappe Erklärung zwar nicht falsch (siehe: "Im Dschungel der Begriffe: Online-, Content- und Inbound-Marketing") aber eben auch nicht sehr präzise, was dann häufig auch wieder zu Missverständnissen führen kann.

Gerade bei diesem Begriff hinterlassen für mich kurze prägnante Definitionen immer das unbefriedigende Gefühl, das ein wichtiger Gesichtspunkt außer Acht gelassen wurde. Daher möchte ich im Folgenden versuchen, die für mich wesentlichen Aspekte von Inbound-Marketing zu erläutern. Hier meine ausführliche Definition:

Inbound-Marketing als Gegenentwurf zu Outbound-Marketing

Wie ich bereits an anderer Stelle schon einmal versucht habe, zu erklären, halte ich das Internet wegen seiner universellen Beschaffenheit für ein Medium, das für den einzelnen Benutzer im jeweiligen Augenblick genau das ist, was er möchte (z. B. ein Kommunikationsinstrument, ein Hilfsmittel für die Recherche, ein Einkaufsparadies oder eine Möglichkeit der Zerstreuung, usw.).

Im Gegensatz zu anderen klassischeren Mediengattungen bestimmt nicht ein Einzelner, was für eine große Masse an Rezipienten relevant ist, sondern der Einzelne entscheidet, was für ihn in diesem Augenblick im Vordergrund steht.

Auf diesem Unterschied basiert auch die Abgrenzung zu Outbound-Marketing.

Was ist Outbound-Marketing?

Mit dem Begriff Outbound-Marketing ist die klassisch offensive Bewerbung eines Produkts gemeint.

Grob ausgedrückt: Der Anbieter zwingt dem Empfänger seine Botschaft ("Kauf mich!") auf – ob dieser will oder nicht. Das Problem: Die Meisten wollen nicht.

Daraus ergeben sich zwei Probleme:

  1. Damit trotz der immensen Streuverluste eine rentable Menge von Interessierten erreicht wird, muss die Reichweite der Werbebotschaft so groß wie möglich sein. Und da man als Unternehmen diese Reichweite in der Regel nicht selber herstellen kann, muss man sich diesen Zugang zum Publikum für viel Geld mieten.
  2. Dadurch, dass Werbung immer nur für einen kleinen Teil der Empfänger relevant ist, fühlt sich der andere, größere Teil belästigt mit der Folge, dass jeder von uns längst einen "Adblocker im Kopf" entwickelt hat und Werbebotschaften gar nicht mehr wahrgenommen werden.
    Das Resultat: Werbung muss immer aufdringlicher werden, wodurch natürlich im Gegenzug wiederum die Ablehnung steigt.

Wie unterscheidet sich Inbound-Marketing davon?

In Abgrenzung zum Outbound-Marketing könnte eine einfache Definition von Inbound-Marketing also in etwa so aussehen:

Anstatt möglichst viele möglichst laut anzuschreien, liegt der Fokus von Inbound-Marketing darauf, sich strategisch so zu platzieren, dass man vom Interessenten gefunden wird – und zwar bereits in der frühesten Phase seiner Entscheidungsfindung.

Also zu einem Zeitpunkt, wo der Interessent noch gar keine klare Kaufabsicht besitzt, sondern erst einmal versucht zu verstehen, welches Problem es überhaupt zu lösen gilt. (Siehe z.B. Der richtige Content für die einzelnen Phasen der Kaufentscheidung)

Deswegen spielt die strategische Platzierung von Content eine zentrale Rolle beim Inbound-Marketing.

Pro-aktiver Kundenservice als Marketingstrategie

Wie oben erwähnt, liegt die Informationshoheit im Internet beim einzelnen Anwender. Seine jeweiligen Interessen bestimmen, was er zu welchem Zeitpunkt sehen beziehungsweise wissen möchte. 

Gerade Entscheidungen über kostenintensive Anschaffungen werden in der Regel nicht aus einem plötzlichen spontanen Impuls heraus getroffen, sondern sind das Ergebnis von längerfristigen Prozessen.

Heutzutage hat jeder die Möglichkeit, sich im Vorfeld auführliche Information zu suchen und alle Pros und Kontras genau abzuwägen, bevor man sich dazu entschließt ein Produkt zu kaufen (oder eben nicht). Studien zeigen, dass im B2B-Bereich bei über 90 Prozent aller Kaufentscheidungen im Vorfeld online recherchiert wurde. Dieser Prozess ist zu zwei Dritteln abgeschlossen, bevor überhaupt Kontakt zu einem Anbieter aufgenommen wird.

Inbound-Marketing stellt in diesem Zusammenhang eine Reaktion auf diese Entwicklungen dar.

Show, don't tell!

Anstatt jemandem Werbebotschaften (mit dem immer gleichen Grundtenor "Wir sind super!") aufzuzwingen, bietet man beim Inbound-Marketing Informationen an, die den potenziellen Kunden bei seinen jeweiligen Herausforderungen unterstützen (und nein: Damit sind keine Unternehmensnews gemeint).

Diesen Content platziert man so, dass er von den richtigen Personen – sprich: potenziellen Kunden – gefunden wird, und zwar über die Kanäle, die diese für ihre Entscheidungsfindung nutzen. (Soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Empfehlungen, Forenbeiträge usw.).

Viele Unternehmen legen sehr großen Wert auf die Betreuung von Bestandskunden. Inbound-Marketing bedeutet jedoch, dass man nicht erst einen Kaufvertrag unterschreiben muss, bevor man in den Genuss einer nicht verkaufenden, sondern unterstützenden Beratung kommt. 

Also ist Inbound-Marketing nur ein anderes Wort für Content-Marketing?

Schwierige Frage... Meine Antwort darauf lautet: Nicht direkt.

Durch die zentrale Bedeutung von nicht werblichen, sondern informierenden bzw. unterhaltenden Inhalten liegen die Begriffe Inbound- und Content-Marketing natürlich eng beieinander und werden manchmal auch synonym verwendet.

Dennoch gibt es für mich einen wichtigen Unterschied:

Der Begriff Content-Marketing beschreibt für mich eher einen allgemeineren Ansatz, bei dem es zunächst einmal darum geht, als Marke in der Wahrnehmung der Zielgruppe präsent zu sein. So hat sich der Getränkehersteller Red Bull beispielsweise ein eigenes Medienimperium geschaffen. Auch E-Plus hat sich mit dem redaktionellen Portal Curved einen eigenen Zugang zu einer relevanten Zielgruppe aus dem Boden gestampft.

Im Gegensatz dazu ist der Ansatz von Inbound-Marketing ganz klar vertriebsorientiert.

Letztendlich geht es beim Inbound-Marketing darum, qualifizierte Leads für den Verkauf zu produzieren – also um die aktive Kontaktaufnahme zu einzelnen Individuen, die – sofern man davon ausgehen kann, dass ein tatsächliches Kaufinteresse vorhanden ist – von einem Verkäufer kontaktiert werden.

Das bedeutet nicht, dass jeder, der sich für einen Newsletter anmeldet sofort von einem Verkäufer angerufen wird.

Im Gegenteil: Inbound-Marketing ist eine Strategie, die den Verkauf entlastet. Er soll seine Zeit weniger damit verbringen, herauszufinden, ob bei einem Kontakt überhaupt ein Interesse am Produkt oder der Dienstleistung besteht, sondern sich auf seine eigentliche Kernkompetenz konzentrieren: Das Verkaufen.

Ziel von Inbound-Marketing ist also nicht nur der Zugang zu einer potenziellen aber anonymen Zielgruppe, sondern die Herstellung und schrittweise Qualifizierung von persönlichen Kontakten durch Content.

Die Rolle von Software beim Inbound-Marketing

Inbound-Marketing versucht also den Interessen des einzelnen Kontakts gerecht zu werden. Der größte Teil der Website-Besucher und Kontakte, die man über eine Content-Strategie anzieht, sind eigentlich (noch) nicht an einer Zusammenarbeit interessiert, sondern bei der Suche nach der Lösung eines Problems auf einen Artikel von Ihnen gestoßen. In dieser frühen Phase lautet dieses Problem normalerweise nicht: "Wie kann ich Ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen und was kostet es?". 

Diese Frage stellt sich meist erst am Schluss einer ganzen Reihe von Fragen und Herausforderungen, die einer gewissen Logik folgen. (vgl. dazu "Die Buyer's Journey – was ist das eigentlich?")

Woher weiß man also, dass ein Kontakt nicht mehr nur allgemeines Interesse an einem Artikel hat, sondern sich mittlerweile mit Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung auseinander gesetzt hat? 

  1. Indem man Content unterschiedlicher Tiefe anbietet, der sich an den typischen Themen in den verschiedenen Phasen der Kaufentscheidung orientiert und diese Inhalte über verschiedene Kanäle hinweg verteilt.
  2. Indem man im Austausch für diesen Content eine angemessene Zahl von Informationen erhebt.
  3. Indem man das Verhalten des jeweiligen Kontakts beobachtet. In welcher E-Mail wurde ein Link angeklickt? Welches Content-Offer hat er sich heruntergeladen? Hat er sich bereits mit den Preisen für das jeweilige Angebot auseinander gesetzt?

Wenn man diese Qualifizierung der individuellen Kontakte über verschiedene Tools hinweg rein manuell machen müsste, wäre dies ein ziemlich aufwändiges Unterfangen, da in der Regel eine Vielzahl von unterschiedlichen Tools zum Einsatz kommen:

  • Das jeweilige Content-Management-System zum Betreiben der Website (WordPress, Typo3, ...)
  • Ein Tool für Mailings (Cleverreach, Mailchimp, ....)
  • Das Steuern der einzelnen Social-Media-Profile (Hootsuite, Buffer, Tweetdeck,...)
  • Kontaktformulare (Contact Form 7, Ninja Forms, ...)
  • Reporting und Optimierung (Google Analytics, Google Search Console, Seobility, Ranking Coach, ...)
  • Das jeweilige CRM-System (Genesis World, Filemaker, ...)
  • Zusätzliche Tools wie GoToWebinar, Eventbrite ...

Alle diese Werkzeuge haben ihre jeweiligen Stärken. Sie alle unter einen Hut zu kriegen, ist jedoch enorm schwierig. Eine lückenlose, automatische Synchronisation ist häufig nicht möglich.

Wie beschrieben, geht es jedoch gerade beim Inbound-Marketing genau darum, sich ein Bild darüber zu machen, wie Besucher mit welchen Ihrer Inhalte in Kontakt kommen, wie sie interagieren, und wo ihre Interessen liegen. Und das am besten mit so wenig Aufwand wie möglich und weitest gehend automatisiert.

Gleichzeitig gilt es jedoch auch, ständig die eigenen Aktivitäten auf ihre Effizienz hin zu überprüfen.

In Anbetracht all dieser Faktoren, ist die Bündelung aller beteiligten Elemente unter dem Dach einer auf diesen Zweck spezialisierten Software zwar nicht zwingend notwendig, aber absolut sinnvoll.

Zusammenfassung

Wie Sie sehen, lässt sich der Begriff Inbound-Marketing nicht mal eben so in ein, zwei Sätzen genau definieren (was leider zum Wesen einer Definition gehört).

Zusammenfassend würde ich jedoch folgende Punkte hervorheben wollen:

  1. Kunden haben heutzutage die Möglichkeit, sich intensiv zu informieren, bevor sie eine Entscheidung treffen. Inbound-Marketing ist eine Strategie, die dieser Entwicklung gerecht wird und sie für sich nutzt.
  2. In Abgrenzung zum Begriff Content-Marketing ist Inbound-Marketing ein Instrument der tatsächlichen Kundenakquise.
  3. Inbound-Marketing definiert sich nicht durch den Einsatz einer bestimmten Software, sondern der Einsatz von Software befähigt einen zur Umsetzung von Inbound-Marketing.

Julia Herold

Julia Herold war Marketing Managerin bei TRIALTA.

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