Gerade bei größeren Investitionen informieren wir uns ausführlich über die Vor- und Nachteile verschiedener Produkte, bevor wir eine Kaufentscheidung treffen. Früher musste man sich dabei mühsam durch verschiedene Fachzeitschriften kämpfen oder den Verkäufer im Laden fragen. Heutzutage gibt es glücklicherweise das Internet.
Wir vergleichen Produktspezifikationen, lesen Kundenrezensionen, vergleichen Preise, prüfen gegebenenfalls ob das Produkt vor Ort verfügbar ist und entscheiden dann, wer unser Geld bekommt.
Den Verkäufer im Geschäft brauchen wir häufig nur noch, damit er uns zeigt, in welchem Regal wir das jeweilige Produkt finden.
Wie schon an anderer Stelle beschrieben, besteht der Kerngedanke von Inbound Marketing darin, den Käufer schon in dieser Phase des Informationsprozesse mit hilfreichen Informationen abzuholen und ihm so Unterstützung bei der Entscheidungsfindung anzubieten.
Der potenzielle Kunde durchläuft dabei verschiedene Phasen, die jeweils unterschiedliche Arten von Content notwendig machen. Es gibt verschiedene Arten diese unterschiedlichen Stadien zu klassifizieren – im Grunde läuft es jedoch häufig auf eine Dreiteilung hinaus.
Um Besucher zu Leads zu machen, ist eine gewisse Menge an "TOFU-Content (Top Of Funnel) notwendig, der auf die richtigen "Long-Tail-Keywords" optimiert wurde, so dass er von Ihren Buyer Personas bei Ihrer Recherche gefunden wird. Durch ein passendes Content-Offer können Sie dafür sorgen, dass diese Besucher Ihre Kontaktdaten hinterlassen.
Diese Kontakte lassen sich – bspw. durch automatische Workflows – gezielt mit weiterführenden Informationen "anfüttern", so dass diese im Verkaufstrichter auf eine tiefer Ebene (MOFU - Middle Of Funnel => BOFU - Bottom Of Funnel) geführt werden.
Zu viel Fachchinesisch? Anhand des folgenden Beispiels will ich die einzelnen Phasen der Kaufentscheidung und den jeweilig passenden Content verdeutlichen.
1. Awareness / TOFU: Der Kunde hat ein Problem und sucht nach einer Lösung
Mein letztes Auto war ein Volvo V40 (Erstzulassung ca. 2002). Irgendwann begann er, ein seltsames Verhalten an den Tag zu legen. Schon nach kurzen Strecken lief bei abgestellten Motor minutenlang der Lüfter.
Ich hab mich nicht weiter darum gekümmert, es war schließlich Hochsommer.
Nachdem die Wochen ins Land gezogen waren und keine Veränderung festzustellen war, beschloss ich, mich doch lieber auf Spurensuche zu begeben.
Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache und begann im Internet nach einer möglichen Ursache zu recherchieren. Offensichtlich war der Motor überhitzt, seltsamerweise war auch kein Kühlwasser mehr im Motor vorhanden, obwohl ich das eigentlich relativ regelmäßig kontrolliert hatte. Ich muss zugeben, dass mein Wissen was Autos betrifft, so ziemlich gegen Null geht. Ich kämpfte mich also durch verschiedene Anleitungen und Tipps, was beim Nachfüllen zu beachten sei und wie man die Leitungen korrekt entlüftet.
Kurze Zeit später hatte sich das nachgefüllte Kühlwasser wieder in Luft aufgelöst. Da unter dem Auto auch keine Wasserflecken auszumachen waren, schien ein Leitungsleck (bspw. durch einen Marderbiss) auch ausgeschlossen zu sein.
Es schien tatsächlich alles auf das Worst-Case-Szenario hinauszulaufen: Eine undichte Zylinderkopfdichtung. Dafür sprachen auch die weißen Rauchwolken, die den Auspuss beim Starten des Motors verließen.
Sie merken schon: Ich habe im Laufe meiner Recherche einiges über die Funktionsweise von Motoren gelernt.
Ich befand mich also in der sogenannten "Awareness-" (oder auch TOFU-) Phase. Ich hatte ein konkretes Problem und war auf der Suche nach dessen Behebung.
In diesem frühzeitigen Stadium benötigt der potenzielle Kunde Informationen, die genau auf diese "Pain Points" der Buyer Persona eingehen.
Als Format bietet sich also Content an, der "Educational" ist. Also (Video-)Tutorials, HowTo-Artikel oder entsprechende Whitepaper, auf die er über eine Suchmaschinenanfrage stößt:
- "Überhitzter Motor: Mögliche Ursachen"
- Videotutorial: "Wie man richtig Kühlwasser nachfüllt"
- Whitepaper "10 Fehler die es beim Entlüften der Motorkühlung zu vermeiden gilt""Wie man das Kühlsystem auf undichte Stellen überprüft"
2. Consideration / MOFU: Der Kunde stellt Überlegungen an
Ich hatte also selbst festgestellt, dass die Zylinderkopfdichtung meines Motors defekt sein musste und war gezwungen, meine vorhandenen Optionen zu überprüfen.
Ich fand heraus, dass ich nicht zwingend in eine Werkstatt fahren müsste und dass es durchaus möglich ist, die Reparatur selbst durchzuführen. Ich informierte mich, welche Bauteile dazu nötig wären und sah mir die konkrete Vorgehensweise an. Aufgrund meiner geringen Erfahrung mit Motoren und der Möglichkeit, dass neben den Dichtungen auch noch die Motorzylinder ausgetauscht werden müssen, entschied ich mich, das Ganze doch lieber bleiben zu lassen.
In der "Consideration-Stage" ist das Problem also bereits klar definiert und man geht alle möglichen Optionen durch. Der damit verbundene Content ist also bereits weitaus spezifischer.
- "Zylinderkopfdichtung selber austauschen: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung"
- "DIY-Reparatur: Pro & Contra"
- Webinar zum Thema mit der Möglichkeit, Fragen an den Experten zu stellen
3. Decision / BOFU: Die Kaufentscheidung ist gefallen
Ich las mir Kundenbewertungen zu verschiedenen ortsansässigen Werkstätten durch und traf eine Vorauswahl. Anschließend lies ich mir Kostenvoranschläge erstellen und entschied mich schließlich aufgrund einer persönlichen Empfehlung aus dem Bekanntenkreis.
Das Ende des Lieds war, dass mir der Mechaniker von einer Reparatur abriet. Die Reparaturkosten hätten den Wert des Autos weit überschritten. Zudem gab mir der Werkstattbetreiber zu bedenken, dass er nicht garantieren könne, dass das Problem mit einem Austausch der Dichtungen behoben sei. Es bestünde eine (wenn auch geringe) Möglichkeit, dass der Motorblock selbst Risse davongetragen, was wiederum einen Komplett-Austausch erfordert hätte.
In dieser Phase ist die Kaufentscheidung bereits gefallen – es geht nur noch darum, den Anbieter zu wählen. Relevante Kriterien sind jetzt der Preis, Produktfeatures, Erfahrungsberichte oder gegebenenfalls die Verfügbarkeit vor Ort. Mögliche Content-Offers für diese Phase wären demnach:
- Demoversionen (bei Software)
- persönliche Beratungsgespräche (auch online)
- Benchmarks (bei Hardware) bzw. Produktspezifikationen
- Händlerverzeichnisse
- Nutzerstimmen
- Preis- / Featurevergleiche
Übrigens: Die KFZ-Werkstatt mag vielleicht in diesem konkreten Fall kein Geld an mir verdient haben – für die ehrliche Empfehlung hat Sie sich jedoch mein Vertrauen verdient, so dass ich sie in meinem Bekanntenkreis gerne weiterempfohlen hab.