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Leadgenerierung

Was ist Leadscoring und was bringt es?

Leadscoring ist eine effiziente Methode. Sie kann die Arbeit Ihres Verkaufsteam entscheidend erleichtern - aber: was genau ist und ermöglicht Leadscoring?

Julia Herold
Julia Herold

Apr 08, 2015

Was ist Leadscoring und was bringt es?

Gerade wenn Sie sehr viele Kontakte verwalten müssen und gleichzeitig ständig neue Leads über Ihre Website generieren, mutiert dieses Vorhaben zu einer wahren Sisyphos-Aufgabe.

Ein relativ einfaches System, mit dem sich ein großer Teil dieser Verwaltung automatisieren lässt, ist das sogenannte "Leadscoring".

Das Verhältnis zwischen Marketing und Vertrieb

Marketing und Vertrieb hegen häufig eine gut gepflegte gegenseitige Abneigung. 

Fragt man die Marketer: "Wir servieren denen XY Kontakte pro Monat auf dem Silbertablett und die rufen sie nicht einmal an."

Fragt man die Verkäufer: "Ständig nerven die uns, ob wir ihre tollen Kontakte, die sich gerade einmal für einen Newsletter eingetragen haben und niemals etwas von uns kaufen werden, schon angerufen haben. Da können wir auch gleich das Telefonbuch aufschlagen."

Das ist schade, denn gerade Online Marketing bringt hervorragende Möglichkeiten, nicht nur Kontakte, sondern wirklich qualifizierte Leads zu generieren.

Dass dieses Potenzial häufig ungenutzt verpufft, hat im Wesentlichen zwei Ursachen:

Es gibt innerhalb des Unternehmens keine einheitliche Definition des Begriffs "Lead" und es existieren keine verbindlichen internen Prozesse für den Umgang mit qualifizierten Leads.

Was ist Leadscoring?

Als Leadscoring bezeichnet man im Grunde nichts anderes als einen automatisierten Prozess, mit dem Kontakte bewertet werden – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wie bei einer Fußball-Tabelle vergibt man beim Leadscoring für gewisse Merkmale eine bestimmte Anzahl von Punkten, die addiert werden. Ist eine bestimmte Zahl von Punkten erreicht, gilt ein Kontakt als qualifiziert genug, um an den Verkauf übergeben zu werden.

Dieses Vorgehen kann bei einer großen Anzahl von Kontakten dabei helfen, die wirklich "lohnenswerten" Leads nicht aus den Augen zu verlieren und sorgt dafür, dass Marketing und Vertrieb die selbe Sprache sprechen.

Die technische Umsetzung

Damit Sie Leadscoring effektiv einsetzen können, benötigen Sie eine Marketing-Automation Software wie beispielsweise HubSpot, Marketo oder Eloqua. Doch auch für Wordpress gibt es mittlerweile PlugIns, mit der Sie die Aktivität Ihrer Besucher tracken und bewerten können.

Hier sehen Sie ein fiktives Beispiel von Leadscoring-Regeln, wie Sie sie in HubSpot vergeben können.

Leadscoring-HubSpot

Durch diesen Automatismus wird für jeden Kontakt ein eigener Punktestand errechnet. Diesen können Sie nun zum einen für gezielte Datenbank-Abfragen verwenden (z.B. "Score > 100"), um beispielsweise gezielte E-Mail Kampagnen schalten zu können.

Oder Sie richten eine Reihe von Workflows ein, die automatisch durch einen bestimmten Kontostand getriggert werden. Dazu gehören neben E-Mail-Kampagnen auch interne Benachrichtigungen eines Mitarbeiters.

Bevor es soweit ist, müssen Sie jedoch erst eine Reihe von Entscheidungen treffen.

Das "Service-Level-Agreement"

Um eine Leadscoring-Strategie erfolgreich anzuwenden, führt kein Weg daran vorbei:

Marketing und Vertrieb müssen sich an einen Tisch setzen und gemeinsame Richtlinien erarbeiten. Diese sollten einerseits Kriterien beinhalten, ab wann ein Kontakt überhaupt als potenzieller Kunde angesehen werden kann, andererseits braucht es jedoch auch festgelegte interne Workflows, was in so einem Fall passiert.

  • Wann wird ein Kontakt übergeben?
  • Wer wird auf welchem Weg benachrichtigt?
  • Was wird unternommen?
  • War die Kontaktaufnahme erfolgreich?
  • Wie kann man eine Erfolgskontrolle gewährleisten?

Für welche Merkmale sollten Punkte vergeben werden?

Die größte Herausforderung ist das Festlegen der relevanten Kriterien.

Bleiben wir beim Beispiel Fußball. Im Prinzip ist es ganz einfach: Zwei Mannschaften treten gegeneinander an. Wer am Ende mehr Tore geschossen hat, gewinnt das Spiel.

Wie so oft, steckt der Teufel jedoch im Detail, denn wenn man wissen möchte, wer der beste Spieler auf dem Platz war, genügt die Währung "geschossene Tore" schon nicht mehr: Da es zum einen nicht die Aufgabe eines jeden Spielers ist, Tore zu schießen und zum anderen auch nicht jeder Spieler der Verlierermannschaft unbedingt schlecht gewesen sein muss.

Was in den USA in Sportarten wie Baseball oder Basketball schon seit langem gang und gäbe ist, wurde beim Fußball erst relativ spät eingeführt – die statistische Auswertung des Spielverlaufs. Eigene Unternehmen wie IMPIRE oder Opta erfassen in einem Bundesligaspiel mittlerweile rund 2000 Ereignisse und werten diese in Echtzeit aus. Diese Daten fließen zunehmend auch in die Bewertung von Spielern mit ein, nehmen Einfluss auf die Planung eines Spielerkaders und spielen dadurch eine große Rolle bei der Verpflichtung von Spielern.

Auch beim Online Marketing genießt man den Luxus, auf eine große Anzahl von Daten zurückgreifen zu können. Die Kunst ist es, diejenigen Informationen herauszufiltern, die für das eigene Unternehmen wirklich von Belang sind, was natürlich stark vom jeweiligen Produkt abhängt. Im B2B-Bereich sind andere Faktoren wichtig als im B2C-Bereich, für eine lokal agierende Firma kann der Wohnort eines Kontakts eine Rolle spielen, für ein Online-Unternehmen ist das häufig weniger relevant.

Um ein möglichst aussagekräftiges Bild zu erhalten, empfiehlt es sich auf eine Mischung aus expliziten und impliziten Faktoren zurückzugreifen.

Explizite Faktoren

Mit expliziten Faktoren sind demografische Merkmale gemeint, die eine Person kennzeichnen.

Beispiele für personenbezogene Informationen:

  • Männlich oder weiblich?
  • Wie alt ist ein Kontakt?
  • Welche berufliche Rolle hat er/sie?

Beispiele für unternehmensbezogene Informationen:

  • Wieviele Mitarbeiter hat das Unternehmen?
  • Wieviel Umsatz macht das Unternehmen?
  • Wo ist das Unternehmen tätig?
  • An wen richtet sich die Dienstleistung des Unternehmens (Geschäftskunden oder Endverbraucher)?

Explizite Merkmale lassen sich relativ leicht mit Kontaktformularen auf Ihrer Website oder auf Landing Pages abfragen. Tendenziell ist es natürlich verlockend, soviel wie möglich über einen Kontakt in Erfahrung bringen zu wollen. Es empfiehlt sich jedoch, genau abzuwägen, welche und wieviele Informationen Sie wirklich benötigen. Ein Webinar, bei dem alleine für die Anmeldung 20 Pflichtangaben notwendig sind, kann auf einen potenziellen Interessenten abschreckend wirken.

Intelligente Formulare (wie Sie zum Beispiel HubSpot anbietet) ermöglichen es, das Profil eines Kontakts schrittweise zu vervollständigen. Beim ersten Kontakt wird beispielsweise nur die Anrede, der Nachname und die E-Mail-Adresse abgefragt. Bei einem weiteren Besuch überprüft das System, welche Informationen bereits vorhanden sind und ersetzt automatisch eine oder mehrere Formularfelder mit einer anderen Abfrage.

Implizite Faktoren

Als implizite Faktoren bezeichnet man in diesem Zusammenhang Informationen, die sich aus dem Verhalten des Kontakts auf Ihrer Website schließen lassen.

  • Welches Whitepaper hat er sich herunter geladen?
  • An welchem Webinar hat er teilgenommen?
  • Hat er Ihren Newsletter abonniert?
  • Welche E-Mails öffnet er und welche nicht?
  • Hat er sich näher mit Ihrem Produkt auseinander gesetzt (Preise, Systemanforderungen,...)?
  • Wie lange ist der letzte Besuch auf der Seite her? 

Die Gewichtung der ausgewählten Kriterien 

Die hohe Kunst ist es nun, implizite und explizite Faktoren gegenseitig in ein Verhältnis zu setzen und ihnen durch die Zuschreibung von Punkten "Gewicht" zu verleihen. Ein idealer Lead sollte sowohl in Ihr Beuteschema passen als auch Interesse an Ihrem Unternehmen zeigen.

Eine Möglichkeit ist es, jeder der vorhandenen Informationen eine gewisse Punktzahl zuzuschreiben.

Zum Beispiel:

Rolle im Unternehmen:

Geschäftsführer: 10 Punkte
Angestellter: 5 Punkte
Trainee/Praktikant: 1 Punkt

Unternehmensgröße:

mehr als 1000 Mitarbeiter: 10 Punkte
500 bis 1000 Mitarbeiter: 5 Punkte
weniger als 500 Mitarbeiter: 1 Punkt

Webseitenaufrufe

mehr als 20: 5 Punkte
10 bis 20: 3 Punkte
1 bis 10: 1 Punkt

Teilnahme an Webinaren

"Bottom of Funnel"-Thema: +20 Punkte
"Middle of Funnel"-Thema: +10 Punkte
"Top of Funnel"-Thema: +5 Punkte

Wenn Sie sich das Beispiel einmal durchrechnen, werden Sie feststellen, dass es theoretisch möglich wäre, dass ein Praktikant einer großen Firma, der an einem "BOFU"-Webinar teilgenommen hat, eine höhere Punktzahl als ein Geschäftsführer erreichen kann. Auch ein Kontakt, der zwar von den explitziten Merkmalen her ein Volltreffer wäre, aber dessen Verhalten auf der Website keinerlei Interesse an Ihrem Unternehmen suggeriert, ist nicht wirklich "sales-ready".

Daher kann es ratsam sein, explizite Faktoren anhand Ihrer Buyer Personas zu bündeln, um so eine zusätzliche Gewichtung zu erhalten.

Zum Beispiel:

Sehr interessanter Kontakt (+40 Punkte): Geschäftsführer einer Firma mit über 1000 Angestellten und einem Umsatz von mehr als 500 Mio. Euro.
Interessanter Kontakt (+30 Punkte): Mitarbeiter im Vertrieb eines mittelständischen Unternehmens aus Bayern.
Definitiv nicht interessant (-50 Punkte): Praktikant einer kleinen Firma aus dem Erzgebirge.

Ein paar Tipps für den Anfang:

  • Definieren Sie Ausschlusskriterien: Spielt bspw. die geografische Herkunft eine große Rolle, ziehen Sie eine hohe Punktzahl ab, wenn der Kontakt aus dem falschen Postleitzahlen-Bereich kommt, so dass er von vornherein aussortiert wird.
  • Definieren Sie Top-Prioritäten: Kontaktiert Sie jemand und erkundigt sich nach einer Beratung? Heißer kann ein Lead kaum werden. Es sollte sich sofort jemand mit ihm in Verbindung setzen.
  • Nähern Sie sich schrittweise: Beginnen Sie mit den wichtigsten Aspekten und justieren Sie im Laufe der Zeit nach. 

Wenn Sie ein grobes Raster entworfen haben, sollten Sie, wenn möglich, Ihr System anhand von mehreren bestehenden Kunden überprüfen.

Das macht natürlich nur Sinn, wenn Sie zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bereits Daten über die Nutzung Ihrer Seite erhoben haben.

Die Abgrenzung

Ziehen wir wieder König Fußball zu Rate: Bislang haben Sie festgelegt, wie viele Punkte es für einen Sieg, ein Unentschieden oder eine Niederlage gibt. Analog dazu betrachtet, geht es nun darum, ab welchem Tabellenplatz eine Mannschaft absteigt, ab wann sie an der Europa League teilnehmen darf oder ob sie sich gar für die Champions League qualifiziert hat.

Diese Abgrenzung, ab wann ein Kontakt nicht mehr einfach nur ein Kontakt, sondern ein "Marketing Qualified Lead" oder gar ein "Sales Qualified Lead" ist, sollten Sie natürlich immer in enger Zusammenarbeit mit dem Verkaufsteam festlegen.

Regelmäßiger Austausch zwischen Marketing und Vertrieb

Natürlich sind diese Entscheidungen nicht in Stein gemeißelt. Es empfiehlt sich, regelmäßige Meetings einzuführen, in denen gemeinsam an der Feinjustierung des Prozesses gearbeitet wird.

  • Wurden die vereinbarten Ziele erreicht?
  • Stimmt die Qualität der generierten Leads?
  • Welche Schritte wurden vom Verkaufsteam unternommen?
  • Muss die Methodik nachgebessert werden?

Ich glaube, man muss nicht extra erwähnen, dass es bei diesen Treffen weniger um gegenseitige Kontrolle im Sinne von Schuldzuweisungen gehen sollte. Vielmehr dienen sie dem Zweck, dafür zu sorgen, dass beide Abteilungen die gleiche Sprache sprechen und gemeinsam an einem Strang ziehen.

Fazit

Richtig eingesetzt, kann Leadscoring eine sinnvolle Maßnahme sein, um die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb erheblich zu verbessern. Es sorgt für eine einheitliche Defintion von Leads, setzt klare Richtlinien für die Marketing-Abteilung und sorgt dafür, dass die Arbeit des Vertriebs erheblich erleichtert wird.

Man sollte aber niemals vergessen, dass automatisierte Prozesse einem nur die Ausführung von Aktionen erleichtern. Die Entscheidung, welche Handlungen unter welchen Umständen ausgeführt werden sollen, liegt immer noch bei Ihnen.

Julia Herold

Julia Herold war Marketing Managerin bei TRIALTA.

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