Egal auf welcher Website Sie unterwegs sind, Sie werden fast überall auf Werbebanner oder Pop-up-Fenster stoßen.
Das ist in gewisser Weise auch legitim. Eine erbrachte Leistung (bspw. die Bereitstellung von Informationen) muss schließlich irgendwie refinanziert werden. Doch dieser Monetarisierungsdruck führt fast automatisch zu immer aufdringlicheren Formen der Online-Werbung, die nicht selten in der kompletten Unbedienbarkeit der eigentlichen Website enden. Als logische Konsequenz installieren immer mehr Menschen Werbeblocker, also Programme, die solche aufdringlichen Werbeanzeigen ganz einfach ausblenden.
Ist Online-Werbung deshalb gestorben? Nein! Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass Online Marketing durchaus funktionieren kann. Doch wie funktionieren Menschen, wenn sie online Entscheidungen treffen müssen?
Der Mensch als soziales Wesen
Der griechische Philosoph Aristoteles bezeichnete den Mensch als "zoon politikon", also als "gesellschaftliches Wesen", das seine Natur nur dann verwirklicht, wenn es mit anderen Menschen zusammenlebt und mit ihnen gemeinsam agiert.
Doch was hat das mit Online-Werbung zu tun? Wie jede andere Mediengattung vor ihm, musste das Internet erstmal seine Bestimmung finden. Es ist ein alter Hut der Medientheorie, dass neue Mediengattungen erst einmal alte Medien simulieren, bis der Mensch deren Potenzial einschätzen kann. Es dauerte eine Weile, bis sich die heutige Many-to-many-Kommunikation (Stichwort "Web 2.0") etablierte.
Als ich das erste Mal mit Facebook (bzw. damals noch StudiVZ und MySpace) in Berührung kam, dachte ich mir: "Für was braucht man sowas?". Heute verwende ich genauso wie Milliarden andere Menschen solche Plattformen täglich. Aber warum?
Weil der Mensch ein soziales Wesen ist und das Internet mittlerweile ein Abbild des menschlichen Daseins.
Das Internet ist interaktiv
Soziale Interaktion ist eine der Kerneigenschaften des Internets geworden und das unterscheidet das Potenzial von Onlinewerbung wesentlich von traditioneller Printwerbung. Nutzer verbringen Stunden auf Webseiten, die stark interaktiv aufgebaut sind. Seien es soziale Netzwerke wie Facebook oder Xing, Chats oder Foren.
Interaktionen im Internet lassen sich mit sozialem Verhalten aus dem realen Leben erklären.
Wie im alltäglichen Miteinander, gibt es auch online Richtlinien, wie man miteinander umgeht.
Wenn Ihr Kunde eine Website besucht, hat er bereits im Vorfeld eine genaue Vorstellung davon, wie diese reagiert. Braucht eine Website zum Beispiel sehr lange, bis sie geladen ist, weil erst einmal ein Werbebanner über die komplette Seite gelegt werden muss, bei dem man erst mal suchen muss, wie man dieses wieder verschwinden lässt, dann ist das so als würde unser Gegenüber auf eine Frage nicht reagieren oder einem ansatzlos ein ganz anderes Gesprächsthema aufzwingen.
Soziale Wesen möchten einer Gruppe angehören
Dieses Prinzip ist an sich nichts Neues: In der Werbebranche werden immer wieder ganz normale Menschen wie du und ich als Werbeträger ausgewählt, um es dem Rezipienten zu erleichtern, sich mit dieser zu identifizieren.
Erinnern Sie sich an die Dove-Kampagne? Statt Models mit 90-60-90-Maßen für ihre Beautyprodukte zu engagieren, zieren die Plakate des Kosmetikunternehmens normale Frauen mit Kurven und kleinen Schönheitsfehlern.
Der Einsatz von Bezugspersonen wird also als universelle Technik eingesetzt, um zunächst ein soziales Bedürfnis zu aktivieren. Das Werbeprodukt soll dann suggerieren, dass das soziale Bedürfnis durch den Kauf des Produktes befriedigt werden kann. Viele Kosmetikwerbungen zielen darauf, den Frauen die Vorstellung zu vermitteln, dass sie nicht der vorgegebenen Norm entsprechen. Mit Hilfe des beworbenen Produkts jedoch können sie diese Norm erreichen und sind schließlich ein vollwertiges Mitglied einer festen Gruppierung.
Formen der Interaktivität
Interaktion im Internet kann verschiedene Formen annehmen. Die Kunst ist es, eine Ansprache zu treffen, die die gewünschte Zielgruppe auch erreicht. Im Folgenden einige Beispiele für gelungene Formen von interaktiver Werbung.
Bannerwerbung
Der Kekshersteller Oreo ließ in einer Studie verschiedene Arten von Werbebannern testen. Es stellte sich heraus, dass mobile Anzeigen, die zum Scrollen und Wischen animieren, eine doppelt so hohe Interaktionsrate erzielten, wie Banner, die nur angeklickt werden können. Sowohl in der Erinnerung des Markennamens als auch an die Botschaft lagen die Werte der Befragten höher, wenn sie mit dem Banner interagieren konnten.
Interaktive Videos
TippEx sorgte 2010 mit dem interaktiven Youtube-Video "A man shoots a bear" für Aufsehen. In dem Video wird ein Jäger von einem Bär angegriffen. Dem Zuschauer wird zunächst die Wahl überlassen, ob der Jäger den Bär erschießen soll oder nicht. Der Jäger weigert sich jedoch den Bären zu erschießen, greift sich einen TippEx-Roller aus dem angrenzenden Werbefenster und löscht damit den Titel des Videos.
Der Zuschauer hat jetzt die Möglichkeiten durch die Änderung des Titels, auf die Handlung des Videos Einfluss zu nehmen.
Die Kampagne stieß sowohl beim Publikum als auch in der Werbebranche auf große Begeisterung und wurde unter anderem mit drei silbernen Löwen in Cannes ausgezeichnet. 2012 wurde sogar eine Fortsetzung des Videos veröffentlicht.
Online Spiele
Social und Casual Games erfreuen sich sehr großer Beliebtheit, wie das bekannte Beispiel "Flappy Birds" beweist.
Das Funkhaus Regensburg hat sich diesen Umstand zu Nutzen gemacht und für einen Werbekunden ein eigenes Online-Game entwickelt, welches sich großer Beliebtheit erfreute.
In "Mission Milch" (beim dem Werbekunden handelt es sich um eine Molkerei) konnte der Nutzer durch das Melken von Kühen Punkte sammeln. Durch die Empfehlung des Spiels an Freunde und Bekannte konnte der Spieler seine Kuhherde vergrößern. Das Spiel erwies sich sowohl für den Werbekunden als auch für den Sender als voller Erfolg: Innerhalb von zwei Wochen wurden 2.730 "Kühen" über 38.000 Liter "Milch" abgezapft.
Der Kunde als Botschafter
Sind Sie bei Google+? Google bezieht soziale Empfehlung von Bekannten aus seinem sozialen Netzwerk mittlerweile mit in Werbeanzeigen mit ein. Zum Beispiel wird Ihnen im Android Play-Store angezeigt wie Personen, die mit Ihnen vernetzt sind eine App bewerten.
Die Bedeutung von Sozialen Netzwerken wird auch in Hinblick auf die Suchmaschinenoptimierung weiter steigen. Man nimmt an, dass "social signals", also die Zahl der "Likes", "+1" oder der Empfehlungen im Suchalgorithmus von Google größere Bedeutung zukommen wird.
Die hohe Kunst des Online Marketings ist es, Inhalte bereitzustellen, die darauf ausgelegt sind, dass sie sich viral, also ohne weiteres Handeln der Agentur, weiter verbreiten.
Das kann gut funktionieren, wie bei dem Video des Klamottenlabels WREN, welches sich wie ein Lauffeuer durch die sozialen Kanäle verbreitet hat und bereits nach zwei Tagen fast 24.000.000 Aufrufe hatte.
Es kann aber auch schiefgehen, wie aktuell das Beispiel der New Yorker Polizei zeigt, die auf Twitter dazu aufgefordert hatte unter dem Hashtag #myNYPD Fotos von Polizisten im freundlichen Kontakt mit den Bürgern zu posten und damit genau das Gegenteil bewirkte: Eine Flut von Fotos, auf denen brutale Handlungen seitens der Beamten festgehalten wurden.
Welche Formen von Online-Werbung fallen Ihnen ein, um den Mensch als soziales Wesen gezielt anzusprechen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.