Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich ihn: Den Computerbildschirm mit einem leeren Dokument, das eigentlich schon längst ein fertiger Blogpost sein müsste.
Mahnend blinkt es auf, während ich die Böden sauge und wische, den Staub von sämtlichen Möbelflächen fege, den Müll raustrage und die Wäsche aufhänge – alles, um bloß nicht vor diesem weißen Blatt sitzen zu müssen.
Sie hat mich erwischt! Eine waschechte Schreibblockade.
Eigentlich blogge ich ja wirklich gerne! Warum ist dann jetzt alles besser und einfacher als kreatives Schreiben? Ich werde nervös, schließlich habe ich Abgabetermine einzuhalten. Wie komme ich als Autor nur wieder aus diesem Loch heraus?
Die Schreibblockade. Jeder, der beruflich oder privat schreibt, kennt sie. Es gibt sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag zum Thema:
“Eine Schreibblockade ist ein psychisches Phänomen, bei dessen Auftreten die Autoren dauerhaft oder vorübergehend nicht in der Lage sind zu schreiben. Darunter leiden besonders Schriftsteller, Journalisten und Studierende beim Schreiben von Haus- und Examensarbeiten.”
Natürlich ist Schreiben ein Handwerk. Zum Großteil. Nicht ganz unwesentlich ist aber auch der kreative Anteil, der dem Autor zum einen eine größtmögliche Freiheit des Geistes und zum anderen eine durchaus nicht zu vernachlässigende Konzentrationsfähigkeit abverlangt.
Ich selbst habe schon etliche Schreibblockaden durchlebt. Mal fiel mir einfach kein guter Einstieg in einen Text ein, ein anderes Mal haperte es an schönen Formulierungen, der Text hörte sich lieblos an oder ich bin einfach schier durchgedreht angesichts der immensen Aufgabe die da vor mir lag.
Anstelle des Schreibens fege ich dann den Boden, wasche Wäsche oder gehe mit meinem Hund Gassi. Das mutet im ersten Augenblick nicht gerade zielführend an.
Aber ist dieses Verhalten wirklich nutzlos? Ich glaube nicht. Zumindest ist es einer der Punkte meiner persönlichen Top10 Tipps und Tricks, um Schreibblockaden zu überwinden.
1. Nobody is perfect!
Die Angst zu versagen kennt jeder. Wenig ausgeprägt wirkt sie manchmal sogar motivierend. Wenn sie aber dafür sorgt, das man völlig gehemmt ans Werk geht, wird es Zeit, sich von überbordendem Perfektionismus zu verabschieden.
Kein Text der Welt muss perfekt sein!
Im Übrigen kenne ich nur ganz, ganz wenige Texte, die wirklich perfekt sind – und selbst das ist immer noch Interpretations- und Geschmackssache.
Also: Angst ist beim Schreiben kein guter Ratgeber. Und kein Blogpost, Whitepaper oder PR-Text ist es wert, sich komplett verrückt zu machen.
2. Material reduzieren & bündeln
Manchmal sieht man als Autor den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr: Recherchematerialien stapeln sich am Schreibtisch und am Bildschirm sind so viele Tabs offen, dass der Platz in der Leiste langsam eng wird.
Kein Wunder, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll.
Jetzt ist es höchste Zeit, den Wald zu lichten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Schließlich geht es in der Regel nicht um das Verfassen eines Romans, sondern um Blogposts, PR-Texte oder ähnliches.
Und wenn doch mal ein größeres Projekt wie ein Whitepaper oder ein E-Book ansteht, empfiehlt es sich, hier Schritt für Schritt, also Kapitel für Kapitel einzeln abzuarbeiten – auf diese Weise kann man die Recherchematerialien gliedern und so für Ordnung im Autorenhirn sorgen.
Ist erstmal eine gewisse Übersichtlichkeit geschaffen, fällt es leichter, eine Art Struktur für den Text zu erarbeiten, an der man sich im Fall des Falles dann Schritt für Schritt “weiterhangeln” kann.
3. Genaue Analyse der Buyer Persona
Einen Autor, der nicht genau weiß, für wen er eigentlich schreibt, ist für eine Schreibblockade geradezu prädestiniert. Er weiß weder welche Tonalität richtig ist noch welche Inhalte wirklich relevant sind.
Es ist eigentlich ganz einfach: Wer seine Aufgabe nicht kennt, kann sie nicht erfüllen.
In so einem Fall hilft es, die betreffende Buyer Persona nochmals ganz klar zu definieren und zu analysieren und gegebenenfalls beim Auftraggeber explizit nachzufragen, auf welche Personengruppe der Text abzielen soll.
4. Aus der Reihe tanzen
Aller Anfang ist schwer. Tatsächlich fällt es einem als Autor oft furchtbar schwer, einen passenden Einstieg für ein Thema zu finden.
Gelingt dies über einen längeren Zeitraum nicht, ist der beste Ratschlag: Loslassen und einfach an anderer Stelle beginnen – zum Beispiel mitten im Text.
Die Einleitung lässt sich mitunter leichter schreiben, wenn der Rest des Textes schon steht. Und so manche Schreibblockade hat sich durch solch eine kleine Abweichung vom Üblichen schon in Luft aufgelöst.
5. Ortswechsel
Manchmal ist die Luft am Arbeitsplatz besonders dick. Und damit meine ich nicht etwaige Missstimmungen unter Kollegen oder dicke Luft im wahren Wortsinn, sondern eher das Gefühl, dass man sich durch die gewohnten vier Wände irgendwie beengt fühlt.
Auch hier empfiehlt es sich, einfach das Naheliegendste zu tun: Einen kurzfristigen Ortswechsel zu vollziehen.
Warum nicht einfach den Laptop packen und raus ins Grüne? Auf einer Parkbank oder in einem ruhigen Café lässt es sich manchmal besser schreiben als im stillen Kämmerlein.
6. Störfaktoren ausschalten
Wenn ich vor dem Computer sitze und schreibe, liebe ich es:
Das Geräusch trappelnder Hundepfoten auf dem Parkett – hin zum Körbchen, von dort auf den Teppich und wieder zurück. Ein kurzer Abstecher zum Wassernapf, nachgeschaut, ob in der Küche nicht zufällig etwas Essbares auf dem Boden liegt und leise fiepend die Amseln im Garten beoachten.
Ich brauche eine gewisse Geräuschkulisse, um konzentriert arbeiten zu können – völlige Stille macht mich eher nervös.
Ein blinkendes Pop-up, das auf neue Nachrichten im E-Mail-Postfach hinweist und das Handy, das eine neu eingetroffene WhatsApp-Nachricht ankündigt, gehören aber nicht in diese erlesene Kategorie der geliebten Geräusche.
Sie sind Störfaktoren, die mich immer wieder aus meiner Arbeit herausreißen und dafür sorgen, dass ein richtiger Schreibfluss (und genau das ist doch der Zustand, den jeder Texter so liebt, oder?) gar nicht erst aufkommt.
7. Jetzt schreiben, später redigieren
Ab und zu läuft es als Mantra vor meinem geistigen Auge ab: Halte Rechtschreibfehler aus! Halte sie einfach aus!
Vielleicht kennen Sie das auch? Sie schreiben einen Text und nach einem Absatz lesen Sie das zuvor Verfasste. Natürlich fallen Ihnen dabei die Tippfehler, Kommadefizite und Formulierungsschwächen auf. Sie fangen an, diese auszubessern, und dann?
Dann haben Sie den Faden verloren. Schreibflow, ade!
Zumindest mir geht es immer so. Deshalb habe ich für mich beschlossen, einen zuvor geschriebenen Absatz bestenfalls zu lesen, aber auf gar keinen Fall schon zu redigieren.
Fehler laufen schließlich nicht weg, der Flow, indem man beim Schreiben jedoch manchmal gerät und der fast immer richtig gute Worte hervorbringt, der ist ganz schnell verflogen.
Also: Schreibblockaden gar nicht erst entstehen lassen, indem man das Redigieren dann ansetzt, wenn der Text fertig verfasst ist.
8. Bei Anderen spicken
Wenn einem selbst partout nichts einfällt, ist es durchaus erlaubt, sich Anregungen bei den Kollegen zu holen.
Das ist kein Freifahrtschein für’s Abschreiben – in gar keiner Weise. Es geht vielmehr darum, zu erfahren, welche Gedankengänge andere Autoren zum selben Thema aufgegriffen haben.
Oft entstehen beim Lesen fremder, themenverwandter Texte eigene Assoziationen und Gedanken, die dabei helfen, eine Schreibblockade aufzulösen.
9. Einen Schlussstrich setzen
Sie haben es zu Beginn ja schon gelesen: Ich werde während einer Schreibblockade zum Putzteufel (und auch nur dann!). Nie ist mein Haus so sauber, wie wenn mir schreibtechnisch die Worte fehlen.
Tatsächlich nennt man das in der Fachsprache Vermeidungsverhalten. Gemeinhin wird damit etwas Negatives assoziiert. Mir persönlich hilft es jedoch, die Dinge für einige Zeit ruhen zu lassen und gezielt etwas anderes zu tun.
Natürlich ist dies nur möglich, wenn die Deadline für den Text nicht allzu eng gesetzt ist.
10. Freewriting
Einfach mal drauflosschreiben! 5 Minuten lang. Ohne Unterbrechung. Und ohne das Geschriebene zu bewerten und zu hinterfragen.
Diese Methode des kreativen Schreibens wurde in den 60er Jahren von Ken Macrorie entworfen und wird auch heute noch in Schreibkursen angewendet, um Schreibblockaden abzubauen. Ich habe sie selbst schon ausprobiert und zu meiner Überraschung hat sie wunderbar funktioniert.
Haben Sie noch weitere Tipps für Schreibblockaden-Geplagte? Was hilft Ihnen, um den Albtraum aller Schreiber zu überwinden?