Was zeichnet Spitzenverkäufer aus – und zwar nach objektiven Maßstäben und sichtbarem Verhalten, nicht nach Persönlichkeitsbegriffen wie Sympathie oder Charisma? Dieser Frage geht das Unternehmen CEB seit 2009 durch regelmäßige Befragungen nach.
Eines der Ergebnisse der Datenerhebung aus mittlerweile 49.000 Befragten ist: Es gibt fünf Arten von Verkaufsmitarbeitern. Und einer davon, der Challenger, unterscheidet sich deutlich von allen anderen.
CEB prüfte insgesamt 44 Verkäufer-Eigenschaften, indem man das Wissen und Verhalten von Vertriebsmitarbeitern durch ihre Vorgesetzten bewerten ließ – so etwa Produktkenntnis, den Wunsch nach Lösungsfindung, kaufmännisches Verständnis oder die Bereitschaft, Widerspruch in Kauf zu nehmen.
Diese Eigenschaften verteilten sich relativ gleichmäßig auf fünf ganz unterschiedliche Verkäufertypen, die sich aus der Statistik herausbildeten.
Natürlich ergeben sich dabei Überschneidungen, aber es lassen sich signifikante Eigenschaften isolieren, die jedes der fünf Verkäuferprofile charakterisieren.
Der harte Arbeiter
(21% der Probanden)
Von viel kommt viel: Für diese Verkäufer steht fest, dass sich harter persönlicher Einsatz in Form von Abschlüssen auszahlt.
Sie arbeiten länger, telefonieren mehr und schreiben mehr Angebote als andere Vertriebsmitarbeiter. Eigenmotivation ist ihr Antrieb. Sie bilden sich gerne fort und setzen berechtigte Kritik mit Freude um.
Im harten Verkaufsgeschäft ist ihr Credo: Aufgegeben wird nicht!
Der Beziehungspfleger
(21 % der Probanden)
Er ist ein gerne gesehener Gast bei Kunden: Dieser Verkäufertyp ist „Everybody’s Darling“ und knüpft starke Verbindungen. Dafür wendet er viel Zeit auf und hilft auch dann gerne einmal aus, wenn kein unmittelbarer Profit lockt.
Er geht mehr als andere auf Kundenwünsche ein, weswegen ihn seine Ansprechpartner schon beinahe als externen Mitarbeiter betrachten. Der Beziehungspfleger baut sich dementsprechend viele Fürsprecher auf – die wichtige Basis für langanhaltende Kundenbeziehungen.
Der einsame Wolf
(18 % der Probanden)
„Das ist mein Abschluss!“: Der einsame Wolf ist nur bedingt teamfähig und sein starkes Ego macht es für ihn schwierig, sich in Führungsstrukturen einzugliedern.
Wo er ist, ist die Speerspitze des Verkaufs – und an der Spitze ist es deswegen einsam, weil er niemanden neben sich duldet. Er spielt nach eigenen Regeln, und so sind ihm Berichte an den Vorgesetzten, Einhalten von Verkaufsprozessen und Maßnahmen zur Kundenbindung völlig fremd und zuwider.
Er hat nur ein Ziel: Den Verkauf. Und seine beeindruckenden Verkaufszahlen helfen, über seine menschlichen Defizite hinwegzusehen.
Der reaktive Problemlöser
(14% der Probanden)
Auch wenn es einen Kundendienst im Unternehmen gibt, der sich der Probleme von Kunden annimmt: Der Verkäufertyp des reaktiven Problemlösers ignoriert diese Tatsache und kümmert sich lieber selbst. Immer!
Seine Zuverlässigkeit und Detailversessenheit sorgen dafür, dass er sein Aufgabengebiet bis in die Zeit weit nach Vertragsabschluss erstreckt. Erst, wenn er sicher sein kann, dass alle Vorgaben des Kunden komplett umgesetzt wurden, ist für ihn die Nachbetreuung erledigt. Selbst, wenn er dafür viel Zeit benötigt, die in neue Verkaufsbemühungen ungleich besser investiert wäre.
Der Challenger
(27% der Probanden)
„Können wir das nicht anders machen?“ Sätze wie dieser, die nicht selten zu langen Diskussionen führen, sind sowohl Mitarbeiter als auch Kunden des Challengers gewöhnt.
Der Challenger ist, wie alle guten Verkäufertypen, viel unterwegs und oft draußen beim Kunden. Seine Einsichten in unterschiedlichste Unternehmen nutzt er für beständig neue Perspektiven.
Er arbeitet sich geflissentlich in Themen ein, bis er das Geschäft des Kunden (mindestens) so gut versteht wie dieser selbst. Er hat kein Problem, seine Meinung kund zu tun, Kritik zu äußern und konstruktive Verbesserungsvorschläge zu bringen. Und zwar in beide Richtungen: Seine Kunden bekommen stets neue, lukrative Ideen präsentiert – und die eigene Unternehmensführung lernt durch ihn, wie es auf dem Markt so zugeht und was man besser machen kann.
Bei soviel Kreativität und wertvollen Ratschlägen bleibt nicht viel Zeit für den Verkauf, den der Challenger aber niemals vernachlässigen wird. Also drängt er seine Kunden auch mal zum schnellen Vertragsabschluss.
Verkäufertypen im Check
Fünf Profile, und für alle scheint das jeweilige Verkaufsprinzip zu funktionieren… oder? Tatsächlich ergab die Befragung durch CEB ganz erstaunliche Ergebnisse.
Es wurden nämlich pro Unternehmen drei Vertriebsmitarbeiter bewertet; davon zwei durchschnittliche Verkäufer und einer mit Top-Zahlen.
Die „Durchschnittstypen“ verteilten sich recht gleichmäßig auf die fünf Profilgruppen – das bedeutet, dass mittelmäßige Leistungen für jeden Verkäufertyp erzielbar sind.
Komplett anders sieht es bei den Spitzenleuten aus: Ganze 39% von ihnen finden sich bei den Challengern wieder!
Beinahe noch überraschender ist, dass lediglich 7% aller Top-Performer zur Gruppe der Beziehungspfleger gehören. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass Kundenorientierung und –pflege vernachlässigt werden können: Gerade bei komplizierten Verkaufsszenarien sind sie unerlässlich. Man sollte sich aber bewusst sein, dass die ausschließliche Fixierung auf Dienstleistung und Kundenbindung weniger häufig zu Abschlüssen führt, als sich das mancher Verkaufsleiter erhofft.
Vor allem: Auch der Challenger bietet eine, wenn auch außergewöhnliche, Kundenbindung. Und verkauft nebenbei ganz hervorragend.
Über diese Reihe: „The Challenger Sale“ ist der Titel eines Buches von Matthew Dixon und Brent Adamson in Kooperation mit dem Unternehmen CEB, das 2016 in 2., aktualisierter und überarbeiteter Auflage erschienen ist. TRIALTA bereitet für Sie die wichtigsten Inhalte auf. Im Rahmen Blogpost-Serie werden Themen des Buchs betrachtet, praxisnah erläutert und mit zusätzlichen Informationen und Meinungen ergänzt.